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Demenz: Pflegeleicht mit Pillen?

Die Berliner Morgenzeitung greift in ihrer jüngsten Ausgabe das Thema Demenz auf und prangert die verfälschte Darstellung der Generation 60-Plus in der Öffentlichkeit auf. „In Werbekampagnen tauchen Senioren in der Regel nur als glückliche Menschen auf, die bis ins hohe Alter Yoga machen, wandern gehen und sich um ihre Enkel kümmern.“ Dabei sind in Deutschland aktuell 1,3 Millionen Menschen direkt von Demenz betroffen, plus ihrer Familien, ihrer Angehörigen. In den nächsten zehn Jahren rechnet man mit einer Verdoppelung der Betroffenen.


Es sind also keine „aktiven Senioren“ im Sinne eines glücklichen und selbstbestimmten Lebens. Die Betroffenen brauchen frühzeitig ärztliche Hilfe, vor allem aber Begleitung und Verständnis. So wundert es nicht, wenn bei arbeitsintensiver Behandlung von Demenzkranken auf „Pillen“ gesetzt wird, wie das Medium Welt-Online anprangert. „ Viele Pflegeheime setzen deshalb ihre Bewohner mit starken Psychopharmaka außer Gefecht. Experten sprechen bei dieser Form des Ruhigstellens von „chemischer Gewalt“. Es gebe kaum einen Unterschied zum Festbinden mit einem Gurt“, sagt Professor Gerd Glaeske.


Fachlich qualifizierte Senioreneinrichtungen betreiben darum eigene „Demenzstationen“, um den Mehraufwand an Pflege und Betreuung leisten zu können. Medikamente dürfen zudem nur nach ärztlicher Weisung verabreicht werden. Generell von einem Missbrauch zu sprechen wird dem Problem und Häusern mit intensiver Betreuung nicht gerecht.


Der Fehler ist zudem im „System“ zu suchen. Im System von festgelegten Sätzen, von Kassen und der Pharmazie. Auch Sozialforscher Glaeske kritisiert die mangelnde Kontrolle: „Die Pfleger müssen von den überlasteten Pflegekassen bezahlt werden, die Medikamente dagegen von den Krankenkassen. Die massenhafte Sedierung ist letztendlich eine Kostenverschiebung von einem Sozialsystem ins andere.“ Weiter heißt es in dem Bericht: „Das offenbart eine Schwachstelle im deutschen Gesundheitssystem: Ärzten, die Psychopharmaka als Gefälligkeit für das Heim massenweise verschreiben, das Handwerk zu legen ist fast unmöglich.“ Das erzählt der Leiter einer Heimaufsicht in Süddeutschland, der anonym bleiben will.


Quelle:

http://www.morgenpost.de/web-wissen/article1936606/Zehntausende-Senioren-mit-Pillen-ruhig-gestellt.html

http://www.welt.de/print/wams/wirtschaft/article13944708/Wenn-Pillen-die-Pflege-ersetzen.html

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